Christian May schreibt in der Welt über Fortuna Ehrenfeld:
Sagen wir mal so: Olli Schulz ist ein Musiknerd, ich bin es nicht. Ganz und gar nicht. Dass mir meine Mama, als ich 13 war, zu Weihnachten ein Robbie-Williams-Album geschenkt hat, war der Höhepunkt meiner popmusikalischen Sozialisierung.
Deshalb bringen mir auch die vielen, sicher sehr erlesenen und manchmal etwas abseitigen Musiktipps von Olli in seinem wöchentlichen Podcast nix. Dieses Mal war es anders.
Vielleicht waren es seine warmen Worte: „sehr melancholische, traurige Platte“. Vielleicht war es auch seine Ermunterung: „Selber mal entdecken, gute Band, nicht immer nur die Big Player hören! Marteria is auch klasse, aber das kannste mit Deinen Kumpels hören.“
Und weil „die jungen Leute da draußen immer erst mal nen Earcatcher brauchen“, hat Olli den Song gespielt, der „am meisten abgeht“. Nicht ganz meine Musik, aber der Text hat mich dazu gebracht, noch einen zweiten Song zu hören.
„Wer heute noch en vogue ist, wer heut was auf sich hält, hat ein analoges Mädchen in einer digitalen Welt.“ Fand ich spannend.
Ich gehöre eigentlich zur simplen Sorte von Musikkonsumenten, die diesen einen Titel mögen, der im Radio läuft, und den Rest nicht braucht. Was war ich stolz drauf, dass ich plötzlich ein ganzes Album mag, ein Indiealbum noch dazu und ein Tipp von Olli Schulz!
Die Texte von Fortuna Ehrenfeld waren irgendwie tiefsinnig, manche musste ich mehrmals hören, um sie zu verstehen. „Ich habe aus Langeweile alle meine Körperteile gründlich neu sortiert und katalogisiert.“
„Ein Tag zum Vergessen, ein Tag wie ein Schwein – zum Töten zu rosa, zum Fressen zu klein.“ Wer kennt solche Tage nicht? Die Melodien dazu, die melancholischen, sie unterstreichen die Bedeutsamkeit der Texte.
„Worüber haben wir gerade noch mal gesprochen?“ Ich fühle mich, während ich das Album höre, so direkt angesprochen, als würde der Mann hinter Fortuna Ehrenfeld, Martin Bechler, eine Dreiviertelstunde lang vor mir stehen und mir seine Geschichten erzählen. Von Hund und Herz, Glitzer und Schwein, Weihnachtsmann und Feuerwehr.
Meine Deutschlehrerin würde sich überschlagen vor Freude. Zugegeben, vielleicht ist man in Zeiten, in denen Max Giesinger, Johannes Oerding und Matthias Schweighöfer die Charts anführen, auch einfach nur froh, Songtexte zu hören, in denen es nicht um Lachen, Tanzen, Leben, Welt geht.
Wer die Homepage von Fortuna Ehrenfeld besucht, würde eine pickelige Schülerband vermuten: Eine vorgefertigte WordPress-Seite ist es, der letzte der sporadisch gepflegten Einträge ist fast ein halbes Jahr alt und die Texte tragen Titel wie „Kartoffelbrei“ und „Pimmelbingo“.
Wer hier mehr erwartet, Musikvideos und so, dem haut Fortuna Ehrenfeld den Satz um die Ohren: „schaut doch bitte auf fatze wg. terminen und auf youtube für den andern kram. das ganze virale jeschisse und einpflegen und tralala geht uns auf den SACK! merci.“
Donnerstag, 8.März sind sie im Swamp